Gängige Methoden des Telefonbetrugs
Telefonbetrug ist spezifisch auf das Medium Telefon beschränkt und nutzt direkte menschliche Interaktion zur Täuschung. Die Täter wenden verschiedenste Maschen an, um am Telefon mit ihren potentiellen Opfern ins Gespräch zu kommen und sie nach ihren Wünschen zu manipulieren. Die genaue Vorgehensweise der Täter ändert sich im Detail, verschiedene Methoden gehen ineinander über oder werden in unterschiedlichen Variationen durchgespielt, was Aufklärung und Prävention deutlich erschwert. Einige der gängigsten Vorgehensweisen sollen im Folgenden kurz beschrieben werden.
Enkeltrick
Besonders der berühmt-berüchtigte Enkeltrick wird gern bei Senioren per Telefon angewendet, um Geld oder Wertsachen zu erschleichen. Die Trickbetrüger finden Ihre potentiellen Opfer meist im Telefonbuch, indem sie nach Namen suchen, die oft von älteren Menschen getragen werden – Waldtraut, Bärbel, Helmut oder Heinz zum Beispiel. Meldet sich die ausgesuchte Person am Telefon, nennen die Anrufer den eigenen Namen nicht. Sie sprechen ihr Opfer jedoch sofort sehr persönlich mit „Du“ an und beginnen ein vertrauliches Gespräch. Typische Eingangsformulierungen sind „Rate mal, wer hier spricht?“ oder „Wir haben ja lange nicht voneinander gehört!“. Je nachdem, wie der Angerufene reagiert, geben sich die Trickbetrüger als Enkelin/Enkel, Nichte/Neffe, Tochter/Sohn oder sonstige Verwandte oder Bekannte aus.
Im späteren Gesprächsverlauf wird meist ein dringendes finanzielles Problem geschildert, bei dem das Opfer helfen soll. Die Trickbetrüger beteuern, dass sie lediglich für einen kurzen Zeitraum Bargeld benötigen, sie das Geld jedoch zeitnah zurückzahlen würden. Geht das Opfer darauf ein, wird vereinbart, dass ein Bekannter das Geld an einem Treffpunkt oder an der Haustür abholen soll.Schockanruf
Schockanruf
Eine der hinterhältigsten Betrugsmaschen am Telefon ist der Schockanruf, bei dem die Angerufenen massiv unter Druck und in Panik versetzt werden. Bei einem solchen Anruf geben sich die Betrüger als ein nahestehender Angehöriger, häufig aber auch als Polizeibeamte, Staatsanwälte, Richter oder Ärzte aus und täuschen eine dramatische Notsituation vor.
Die Anrufer berichten z. B. von einem Verkehrsunfall, in dessen Folge ein Familienmitglied sofort operiert werden müsse. Die Operation könne jedoch nur dann durchgeführt werden, wenn sie vorher in bar bezahlt wird. In anderen Szenarien soll der Angehörige beispielsweise einen Verkehrsunfall verursacht oder eine Straftat begangen haben. Um eine Gefängnisstrafe zu vermeiden, müsse umgehend eine Kaution gestellt werden.
Oder der Anrufer gibt sich als Arzt oder Mitarbeiter eines Krankenhauses aus und berichtet, ein Familienmitglied oder enger Freund von Ihnen liege schwer verletzt oder lebensbedrohlich erkrankt im Krankenhaus. Zur Behandlung müsse sofort ein lebensrettendes Medikament aus dem Ausland beschafft und dafür dringend ein hoher Geldbetrag gezahlt werden.
Bei einer anderen Masche werden im Vorfeld des geplanten Schockanrufs bereits glaubhafte Informationen über das potentielle Opfer und dessen Umfeld und aktuelle Lebenssituation zusammengetragen, um den Anruf möglichst authentisch erscheinen zu lassen. Hierfür werden z. B. gezielt Traueranzeigen gesichtet, die ja oft über Familienverhältnisse und Beerdigungstermine Auskunft geben. Im Telefonat wird dann den Angehörigen vorgegaukelt, dass der Sohn oder die Tochter (welche/r ja namentlich in der Traueranzeige erwähnt ist) in einen Unfall verwickelt wurde. Nur, wenn die Angehörigen eine Kaution zahlen würden, könne ihr Kind auch zur Beerdigung kommen.
Die Betrüger provozieren bei ihrem Kontakt bewusst einen Schockmoment und setzen ihre Opfer zeitlich unter Druck, um sie zu unüberlegten und schnellen Entscheidungen zu drängen.
Die Betrüger kontaktieren ihre Opfer als falsche Polizisten, Staatsanwälte oder Richter, um sie darauf hinzuweisen, dass angeblich ein Strafverfahren wegen einer Betrugsanzeige gegen sie laufe. Damit die Anklage noch zurückgezogen werden könne, müsse sofort ein Betrag von mehreren tausend Euro bezahlt werden.
Bekannt sind auch Anrufe, bei denen vorgegeben wird, dass Geld und Wertsachen im Bankschließfach nicht mehr sicher seien und zur Verwahrung an die Polizei übergeben werden müssten. Oder dass es sich bei dem Geld auf ihrem Bankkonto um Falschgeld handele, das durch die Polizei überprüft werden müsse.
Um ihren Schwindel zu verschleiern und der Geschichte mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, setzen Betrüger mitunter auch auf die Kombination verschiedener Betrugsmaschen: So folgt auf den Anruf eines Enkeltrickbetrügers ein Anruf eines vermeintlichen Polizeibeamten, der nach dem betrügerischen Enkel fahndet.
Falsche Gewinnspielversprechen
Seit Jahren auf dem Vormarsch sind auch Betrügereien mit Gewinnversprechen. Die Methode ist immer die gleiche: „Sie haben gewonnen!“ – wird dem Angerufenen per Telefon verkündet (aber auch E-Mail- oder Postkontakte sind möglich). Vor der Gewinnübergabe werden die Opfer jedoch dazu aufgefordert, eine Gegenleistung zu erbringen, zum Beispiel „Gebühren“ zu bezahlen, kostenpflichtige Telefonnummern anzurufen oder an Verkaufsveranstaltungen teilzunehmen. Die möglichen Szenarien werden dabei oft geändert.
Um ihre Opfer in falscher Sicherheit zu wiegen, geben die Täter vor, im Auftrag von Rechtsanwälten und Notaren anzurufen und teilen den angeblichen Gewinnern eine Rückrufnummer für die weitere Gewinnabwicklung mit. Melden sich die „Gewinner“ daraufhin bei den „Notaren“, sollen sie angeblich angefallene Kosten zahlen, bevor sie den Gewinn entgegennehmen können (zum Beispiel Rechtsanwalts-, Notar-, Bearbeitungs- oder Zollgebühren, Transport- oder Versicherungskosten).
Auch die Tricks, wie die Täter an das Geld kommen wollen, sind vielfältig. So sollen die Opfer z. B. zur Post gehen, um eine Summe von mehreren hundert Euro per Bargeldtransfer zu überweisen. Oder sie fordern ihre Opfer dazu auf, Prepaid-Karten für Online-Käufe (paysafecard) zu erwerben. Mit dem paysafecard-Gutschein erhält der Käufer eine individuelle Nummer (PIN). Wer sie hat, kann damit im Internet einkaufen. Deshalb erfragen die Betrüger unter einem Vorwand die Gutschein-Nummer bei ihren Opfern.
Ist der Angerufene nicht so leicht zu überzeugen, üben die Täter massiv Druck aus und drohen nicht selten mit „Konsequenzen“ wie zum Beispiel einer Strafanzeige. Zahlt das Opfer, melden sich die Täter immer wieder erneut, um unter verschiedenen Vorwänden weiter Geld zu fordern. Den versprochenen Gewinn allerdings bekommen die Opfer nie zu Gesicht.
Fake-Anrufe von Behörden, Krankenkassen und Versicherungen
Als Betrugsmasche üblich sind auch Fake-Anrufe von Behörden, z. B. Anrufe vom Finanzamt wegen angeblich beabsichtigte Vollstreckungsmaßnahmen. Hier werden die Betroffenen von einem Sprachautomaten angerufen, der sie auffordert, durch die Eingabe etwa einer 1 oder 2 auf der Tastatur das Finanzamt zurück zu rufen.
Auch Krankenkassen und Versicherungen werden für solche Anrufe missbraucht. So wird man beispielsweise nach Annahme des Telefonates von einer Computerstimme begrüßt und bekommt ein Angebot zur Kostenersparnis bei der Krankenversicherung. Wer auf die Aufforderung reagiert und die „1“ drückt, landet bei einem Callcenter-Mitarbeiter, der persönliche Daten abfragt und zum Wechsel der Krankenkasse drängt. Das Ziel der Betrüger ist es, unter Druck Geschäfte anzubahnen oder an persönliche Daten zu gelangen.
Fake-Anrufe von Europol
In letzter Zeit häufen sich Anrufe angeblicher Europol- oder Interpol-Mitarbeiter. Die Bundesnetzagentur hat allein 2022 mehr als 16.000 Beschwerden über gefälschte Europol-Anrufe registriert.
Bei dieser Masche setzen die Betrüger, wie schon beim Phänomen „falsche Polizisten“ im Kapitel Schockanrufe erläutert, die Betroffenen mit erfundenen Geschichten unter Druck. Das können z. B. Straftaten sein, in welche die Betroffenen oder deren Familie/Freunde angeblich verwickelt sein sollen. Oder die Kriminellen geben vor, dass es ein großes Ermittlungsverfahren gebe, in dem auch das Bankkonto der Opfer betroffen sei. Wer die Zusammenarbeit verweigert und keine Auskunft erteilt, dem drohe eine Haftstrafe.
Zum Teil dauern diese Gespräche stundenlang, was den Druck auf die Betroffenen erhöht. Das Ziel ist wie immer Geld. Der Anrufer fordert dazu auf, an ein extra eingerichtetes Konto für Kryptowährung oder an ein Konto in Übersee hohe Geldmengen zu transferieren.
Lovescamming
Eine spezielle Form des Telefonbetrugs ist das Lovescamming (eine moderne Form des Heiratsschwindels), wobei die telefonische Kontaktaufnahme und der Betrug erst im zweiten Schritt erfolgen. Der Täter erstellt bei dieser Form des Betruges gefälschte Profile auf Social Media Plattformen und Partnerbörsen, um anderen eine Verliebtheit vorzuspielen. Ziel dieses Betruges ist es, finanzielle Zuwendungen von der getäuschten Person zu erhalten. Nach einer Phase der Vertrauensbildung wird oft ein vereinbartes Treffen mit Begründung einer finanziellen Notlage (Schulden, kranke Familienmitglieder, Geld für Flug) abgesagt. Aus dieser unverschuldeten finanziellen Notlage kann ihn nur die Hilfe des Opfers retten – indem es Geld überweist.
Tech-Support Scam
Eine weitere Form des Betrugs, bei dem das Telefon (mit) zum Einsatz kommt, ist der sogenannte „Tech-Support-Scam“. Die Betrüger geben sich hierbei am Telefon als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von großen Technologieunternehmen aus und behaupten, sie haben eine Fehlfunktion oder Bedrohung festgestellt und sie wollten den Betroffenen dabei helfen, die Computerprobleme zu beheben oder die Computerviren zu beseitigen. (Weitere Varianten dieses Betrugs sind Pop-up-Fenster auf dem Computer, die davor warnen, dass der Rechner infiziert sei oder E-Mails, die suggerieren, dass ein Nutzerkonto – z. B. Amazon-Konto – gehackt worden sei). Ziel der Betrüger ist es, Zugriff auf den Rechner des Betroffenen zu gelangen, um Geld, Zugangsdaten oder persönliche Dateien wie Fotos oder Dokumente abzugreifen. Am Telefon wird z. B. dazu aufgefordert, den Mitarbeitern des Supports Zugriff auf den Computer zu geben, um die entdeckten Probleme per Fernwartung zu lösen. Mit manipulativen Überredungskünsten versuchen die Täter, an Geld, Computerpasswörter oder Transaktionscodes für Überweisungen zu kommen.
Fast jede zweite Person in Deutschland (47 Prozent) war bereits einem solchen Betrugsversuch ausgesetzt, wie eine aktuelle YouGov-Umfrage im Auftrag von Microsoft unter 1.000 Menschen hierzulande zeigt. Jede zehnte Person ließ sich auf die Betrüger ein, vier Prozent verloren dabei Geld.
Betrug per WhatsApp und SMS
Was als Anruf per Telefon funktioniert, wird auch per WhatsApp und SMS probiert: Schocknachrichten und Enkeltrick. „Oma, hilf mir! Ich habe im Urlaub mein Telefon verloren und stehe jetzt am Flughafen mit einem Prepaid-Handy. Die sagen, ich muss 2.000 Euro bezahlen, damit ich ausreisen darf. Die Polizei hält mich fest!“, so könnte eine entsprechende SMS oder WhatsApp lauten. Es folgt eine Bankverbindung, auf die Geld überwiesen werden soll. Lässt sich der Empfänger der Nachricht auf einen Kontakt ein, z. B. mit einer Nachfrage „Max, bist Du das?“, schnappt die Falle zu. „Max“ bestätigt und die Oma überweist die gewünschte Summe.
Die per SMS oder WhatsApp mit so einer verzweifelten Geschichte Kontaktierten sind oft erschrocken und bereit, alles zu tun, was den vermeintlichen Verwandten aus seiner misslichen Lage befreit. Oft liefern sie den Betrügern mit arglosen Nachfragen sogar noch Informationen zu Namen und Hintergründen.
Die Nummer des Absenders steht natürlich nicht auf der Kontaktliste des Opfers. Um zu erklären, warum eine andere Nummer verwendet wird als die bekannte, werden die verschiedensten Ausreden erfunden – von Telefon verloren bis in der Waschmaschine gelandet. Es heißt dann zum Beispiel: „Mein Telefon ist kaputt. Du kannst meine alte Nummer löschen. Das ist meine neue Nummer.“
Auch Datendiebe und Kontoplünderer nutzen vermehrt SMS als Kontaktkanal. In jüngster Zeit verbreiten sind SMS, deren Absender scheinbar der Postdienstleister DHL oder der Zoll ist. In der Nachricht wird dazu aufgefordert, einen vergleichsweise geringen Betrag von beispielsweise 2,99 Euro zu entrichten. Der sei notwendig, um ein Paket auszulösen. Diese SMS ist der Köder für einen viel größeren Betrug. Sobald das Betrugsopfer sich auf die Forderung einlässt, verlangt die Gegenseite Daten: Kreditkarte, Bankzugangsdaten, Name, Adresse – alles, was Menschen mit kriminellen Absichten brauchen, um Konten leerzuräumen oder eine falsche Identität mit echten Elementen auszustatten.
Auf persönliche Daten sind auch die Betrüger aus, die Textnachrichten z. B. im Namen der Volksbank verschicken. Es wird dazu aufgefordert, Passwörter zu überprüfen oder neu einzugeben. „Phishing“ nennt man diese Vorgehensweise mit dem Ziel, an persönliche Daten zu gelangen. Denn wer im Besitz dieser Daten ist, kann damit eine Vielzahl von kriminellen Handlungen begehen: nicht nur die Plünderung des Kontos oder der Identitätsdiebstahl gehören dazu. Mit Hilfe solcher Daten lassen sich kostspielige Verträge oder ein teures Abo abschließen, aus denen nur schwer wieder herauszukommen ist.
Betrügereien, bei denen Kriminelle Namen und Logo von Amazon missbrauchen, kommen ebenfalls häufig vor. Die Betrüger melden sich telefonisch, per SMS oder E-Mail bei ihren Opfern. Ihr Ziel ist es, an Zahlungsinformationen und somit an das Geld der Amazon-Kunden zu kommen. Angeblich seien PRIME Mitgliedschaftsbeiträge fälschlicherweise abgebucht worden oder die Mitgliedschaft laufe ab, falls die Daten nicht zeitnah aktualisiert würden. Es wird mit hohen Gebühren gedroht, um die Opfer unter Druck zu setzen.
Ungewollte Werbeanrufe
Nicht direkt kriminell, aber von großer Bedeutung, sind Werbeanrufe zu ungewollten Gewinnspielen, Abos und anderen Verträgen.
Werbeanrufe bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Angerufenen. Unerlaubte Werbeanrufe sind verboten. Das Ziel der Anbieter ist es in der Regel, einen Vertragsabschluss zu erreichen oder die Angerufenen beispielsweise dazu zu überreden, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, eine Zeitschrift zu abonnieren oder den Telefon- oder Stromanbieter zu wechseln. Diese Anrufe können ebenfalls zu finanziellen Verlusten führen.
Auch wenn sich hinter diesen ungewollten Werbeanrufen in aller Regel keine Betrugsmaschen verbergen, so ist aber auch diese Kategorie der unlauteren Anrufe ein großer Bereich.